Interview mit der Bayerischen Rundschau zur geplanten Cannabislegalisierung

  1. Es gibt Staaten wie die Niederlande, die positive Erfahrungen mit der Legalisierung von Cannabis gemacht haben. Weshalb positionieren Sie sich dennoch klar dagegen?

Das ist eine falsche Annahme, die durch ständiges Wiederholen nicht richtiger wird, denn gerade die Niederlande kämpfen massiv mit den negativen Folgen ihrer Drogenpolitik.

Durch die mangelnden Regelungen für den Einkauf kommt es dazu, dass die Coffeeshops selbst keine Möglichkeit haben, das Cannabis im Großhandel legal zu kaufen und dieser Engpass von den Drogenkartellen genutzt wird, um sich einen neuen „Geschäftszweig“ zu sichern. Auch die Prognosen, dass die Cannabisproduktion für Kriminelle uninteressant und nur auf den lokalen Markt beschränken würde, haben sich als falsch herausgestellt. Für mich also kein Erfolgsmodell! Der angebliche bessere Kinder- und Jugendschutz ist schlicht Wunschdenken und der Gesetzentwurf von Lauterbach ist ein Bürokratiemonster.

 

  1. Welche Auswirkungen für die öffentliche Gesundheit fürchten Sie als Gesundheits-Expertin im Falle einer Cannabis Legalisierung konkret?

Konkret befürchte ich negative Konsequenzen vor allem für unsere Kinder und Jugendlichen. Dass diese Sorge begründet ist, zeigt ein Blick nach Kanada: hier ist der Konsum durch die Legalisierung deutlich angestiegen. Fast 8 Prozent aller Kanadier und Kanadierinnen ab 15 Jahren konsumieren mittlerweile täglich oder beinahe täglich Cannabis im Vergleich zu rund 5 Prozent vor der Legalisierung. Darüber hinaus haben cannabishaltige Lebensmittel, wie z.B. Kekse, in Ontario zu einer Verneunfachung von Notfällen bei Kindern unter zehn Jahren mit Cannabisvergiftung geführt. Das sind Zahlen, die wir nicht ignorieren können.  Zudem werden der Polizei durch den Gesetzentwurf die niedrigschwelligen Maßnahmen, wie beispielsweise der verpflichtende Besuch einer Suchtberatungsstelle zur Einstellung eines Verfahrens, genommen. Stattdessen bleibt ihr die bloße Verständigung der Eltern bzw. der bereits jetzt überlasteten Jugendämter. Es ist gefährlich, dass mit der Legalisierung das Signal gesendet wird: „Cannabis ist harmlos.“ Das steht in eklatantem Widerspruch zu medizinischen Studien. Gerade bei Jugendlichen kann der Konsum zu Depressionen, Psychosen, Angststörungen und Entwicklungsverzögerungen führen.

 

  1. Gibt es aus Ihrer Sicht weitere „Nebenwirkungen“ einer Legalisierung?

Ja. Zum einen bei den Sicherheitsbehörden. Denn für die Polizei wird u.a. die Abgrenzung von legaler zu illegaler Menge nur noch schwer feststellbar sein. Die Grenzwerte der legalen Mitnahmemenge beziehen sich auf „getrocknetes“ Cannabis. Das heißt aber, dass künftig die Streifenwagen nicht nur flächendeckend mit Feinwaagen ausgerüstet werden müssen, sondern die Polizei sich zusätzlich mit dem genauen Zustand des Rauschmittels befassen muss. Nur wie wird dann festgestellt, ob die erlaubte Menge eingehalten wurde. Muss noch feuchtes Material von der Polizei getrocknet werden? Und wann ist „trocken“ erreicht: Wenn es am Dachboden getrocknet ist oder einem medizinischen Standard entspricht? Das ist absurd.

Zum anderen beschwert das Gesetz die Strafverfolgungsbehörden. Denn die Ampel möchte- völlig ohne Grund – einen rückwirkenden Straferlass bei Cannabisdelikten. Damit bricht die Ampel den elementaren Rechtsgrundsatz, dass Gesetze für die Zukunft gelten und nicht rückwirkend. Das bedeutet, dass alle noch nicht (vollständig) vollstreckten Urteile, bei denen der Tatvorwurf mit oder im Zusammenhang mit Cannabis steht, einzeln neu überprüft werden müssen. Das führt dazu, dass mehrere zigtausende Urteile einzeln wieder aufgemacht, überprüft und gegebenenfalls neu entschieden werden müssen. Und das von Justizbehörden, die bereits heute über die Belastungsgrenze hinaus ihren Dienst tun.

 

  1. Ziel des Gesetzes ist doch auch, den illegalen Cannabis-Markt zu bekämpfen. Wäre ein legaler Markt nicht leichter zu kontrollieren?

Nein. Der Präsident des Bundeskriminalamtes hat verdeutlicht, dass eine Legalisierung eben nicht den illegalen Markt austrocknet, denn es gibt immer weitere Tätergruppierungen, die versuchen, Drogen in den Umlauf zu bringen. Auch hat das Gesetz erhebliche Auswirkungen auf die Ermittlungsinstrumente zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität. Das größte Problem ist, dass bisher die „kleinen Fische“ für die Ermittlungsbehörden häufig unerlässlich waren, um an die „großen Fische“ zu kommen. Das fällt nun weg und macht es der organisierten Kriminalität nur leichter.

 

  1. Sie möchten das Gesetz stoppen – ist das zum jetzigen Zeitpunkt noch möglich und wenn ja, was müsste dafür getan werden?

Dafür müssten sich genügend Bundestagsabgeordnete der Ampelfraktionen gegen das Gesetz stellen. Und dafür gäbe es gute Gründe: das Gesetz ist realitätsfern und hat auch nichts mehr mit den Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag zu tun. Es ist inakzeptabel, dass Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach wichtige Vorhaben, wie die Krankenhausreform liegen lässt und stattdessen Klientelpolitik auf dem Rücken unserer Kinder, Pädagogen, Polizisten, Staatsanwälte und dem medizinischen Personal betreibt. Die Menschen in Deutschland werden in einem weiteren Vorhaben der Ampel zum Bestandteil eines Experimentes.

 

  1. Zum Schluss: Umfragen zufolge sind vor allem viele junge Wähler für eine Cannabis-Legalisierung. Hat die CSU keine Angst, diese Wählerschichten zu verprellen?

Cannabis wird von vielen zum Stressabbau und Erzeugen von Zufriedenheitsgefühlen genutzt. Und genau das ist für mich der Knackpunkt. Ich kämpfe dafür, dass unsere Kinder und jungen Leute alternative Strategien entwickeln können, um Stressresilienz aufzubauen. Ich kämpfe dafür, dass unsere Jugendlichen ihre Kraft und das „glücklich Sein“ beispielsweise durch unvergessliche sportliche oder musikalische Erfolge in ihren Vereinen, flirrende Sommernächte hinter den Festzelten unseres Landkreises oder durchtanzte Nächte in der Turbine erlangen. Aber gerade, weil bekannt ist, dass die Langzeitfolgen von Cannabiskonsum so gravierend sein können, will ich nicht, dass unsere Kinder und jungen Erwachsenen auf die falschen Versprechungen dieser Bundesregierung hereinfallen.

 

Das Interview führte Martin Kreklau und ist erschienen auf Kulmbacher CSU-Abgeordnete Emmi Zeulner gegen Cannabis Legalisierung (fraenkischertag.de) am 15.02.2024.

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