Zeulner: „Starke Weichenstellung für eine bessere Gesundheitsversorgung – insbesondere im ländlichen Raum“
„Der Koalitionsvertrag ist eine starke Weichenstellung für eine bessere Gesundheitsversorgung mit klarem Fokus auf den ländlichen Raum“, so lautet das Fazit der Gesundheits- und Pflegeexpertin Emmi Zeulner (CSU) zu den Maßnahmen des neuen Koalitionsvertrages zwischen CDU/CSU und SPD, die gestern in Berlin vorgestellt wurden. Zeulner hatte sich als Mitglied der Koalitionsarbeitsgruppe Gesundheit besonders für die Themen Pflege, Kinder- und Frauengesundheit, Stärkung der Apotheken, der ambulanten Versorgung und der Gesundheitsfachberufe und für die praxisgerechte Anpassung der Krankenhausreform eingesetzt – mit spürbaren Erfolgen. „Wir müssen wirklich an die Strukturen ran und dafür haben wir mit dem Koalitionsvertrag die Grundlagen gelegt. Es geht um strukturelle Reformen, stabile Beiträge, schnellere Zugänge zu Arztterminen und bessere Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen. Es geht um nicht weniger als das Systemvertrauen der Menschen wiederherzustellen, indem wir unsere Versprechen halten und spürbare Verbesserungen in der Gesundheits- und Pflegeversorgung in unserem Land umsetzen“, so Zeulner überzeugt.
Stabilisierung der Beitragssätze
„Entscheidend für das Vertrauen ist, dass wir die drängende Problematik der steigenden Beitragsspirale und Ausgabendynamik im Gesundheitswesen endlich auflösen. Wir werden dafür kurzfristig Maßnahmen ergreifen, aber das System auch langfristig fit machen. Unsere Sozialversicherungssysteme sind ein großer Schatz, deshalb wird eine Kommission aus Sozialpartnern und Experten ein wirksames Paket erarbeiten“, so Zeulner.
Stärkung der ambulanten Versorgung als Schlüsselstelle vor Ort
Ein zentrales Anliegen für die Gesundheitspolitikerin war die Stärkung der ambulanten Versorgung, die gerade auch in ihrem Wahlkreis in Oberfranken einen Großteil der Versorgung stemmt. „Derzeit haben wir gleichzeitig eine Fehl-, Unter-, und Überversorgung. Das gilt es aufzubrechen – auch durch eine bessere Steuerung. Die Haus- und Kinderärztinnen und- ärzte sind schon jetzt erster Ansprechpartner für die Patientinnen und Patienten. Das müssen wir nutzen, indem wir das verbindliche Primärarztsystem einführen, das heißt, jeder Patient geht zunächst immer erst zu einem frei gewählten Primärarzt, der dann den weiteren Weg weist. Ausnahmen bleiben hier die Augenheilkunde und die Gynäkologie, zu denen die Patienten weiter direkt gehen können. Wir schränken die freie Arztwahl nicht ein, sondern sorgen für eine bessere Steuerung, so dass Facharzttermine schneller möglich sind. Darüber hinaus stärken wir die Rolle der Kassenärztlichen Vereinigungen bei der Terminvermittlung und die Möglichkeit der digitalen strukturierten Ersteinschätzungen“, erläutert Zeulner. „Für eine starke ambulante Versorgung braucht es auch, wie jetzt im Koalitionsvertrag vorgesehen, eine flexiblere Bedarfsplanung mit einem Mitspracherecht der Länder. Wir führen Jahrespauschalen ein und verändern so das Honorarsystem im ärztlichen Bereich mit dem Ziel, die Anzahl nicht bedarfsgerechter Arztkontakte zu reduzieren. Zudem prüfen wir die Entbudgetierung der Fachärzte in unterversorgten Gebieten. Die auf dem Vertrag basierenden kommenden Reformen werden mehr Planungssicherheit und Anerkennung für die tägliche Arbeit der Teams in den Praxen vor Ort bringen. Für die Patientinnen und Patienten bedeutet das einen schnelleren und wohnortnahen Zugang zur ärztlichen Versorgung.“
Stärkung der Apotheken als oftmals erste Anlaufstelle für Patienten
Auch die Apotheken, besonders in strukturschwachen Regionen, werden deutlich gestärkt. „Unsere Apothekenteams sind oftmals, tags und nachts, die erste Anlaufstelle für die Patientinnen und Patienten – das gilt es zu würdigen. Wir stärken die Apotheke vor Ort, indem das Fremdbesitzverbot bestehen bleibt, das Fixum für verschreibungspflichtige Arzneimittel insgesamt angehoben und je nach Versorgungsgrad der Region auf bis zu 11 Euro erhöht wird. Wir bauen Bürokratie ab und erkennen die hohe Kompetenz der Fachkräfte in den Apotheken an, indem wir die Abgabe- und Austauschregelungen für Medikamente erleichtern, ihnen mehr Präventionsleistungen übertragen und den Apothekerberuf zu einem Heilberuf weiterentwickeln. Den Alltag in den Apotheken erleichtern wir durch das Abschaffen der Nullretaxationen und dem Aufheben des Skonti-Verbots“, so Zeulner.
Anpassung der Krankenhausreform für eine zukunftsfähige Versorgungsstruktur
„Wir machen die Krankenhausreform endlich praxistauglich durch notwendige Flexibilisierungen, Fristverschiebungen und Korrekturen der Vorgaben, damit weiterhin flächendeckend eine qualitativ hochwertige stationäre Versorgung sichergestellt ist. Dazu gehört auch die sachgemäße Finanzierung des Krankenhaustransformationsfonds und Refinanzierung der Inflationskosten 2022 und 2023, um den kalten Strukturwandel endlich zu stoppen.“ Für Kliniken im ländlichen Raum bedeutsam: Es wird neue Kooperationsmöglichkeiten geben, die die Versorgung flächendeckend sicherstellen sollen. Zudem werden Grund- und Notfallversorgung besonders berücksichtigt, sodass auch kleine Häuser ihre wichtige Rolle behalten können.
Große Pflegereform mit mehr Kompetenzen für die Pflegefachkräfte
Besonders begrüßt Zeulner auch die Fortschritte in der Pflegepolitik. „Die Pflegekräfte sind eine der tragenden Säulen unserer Versorgung und für mich ist ein kompetenzorientierter Fachpersonaleinsatz und eine eigenständige Heilkundeausübung ein zentraler Schlüssel für eine zukunftsfähige Versorgung. Mir war deshalb wichtig, dass wir ein Pflegekompetenzgesetz, ein Pflegeassistenzgesetz und die Einführung der „Advanced Practice Nurse“ kurzfristig auf den Weg bringen – das werden wir auch. Mit der stärkeren Eigenverantwortung der Pflegekräfte muss ebenso ein fester Sitz mit Stimmrecht im Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) einhergehen – ein Meilenstein in der Mitbestimmung und Wertschätzung ihrer Expertise. Ein wichtiger Schritt ist auch die Vereinfach der Weiterqualifizierung von berufserfahrenen Pflegefachkräften. Das ist mir ein Herzensanliegen, weil jahrelange Praxiserfahrungen so besser berücksichtigt werden können“, so die Gesundheitsexpertin. „Wir dürfen unser Pflegekräfte nicht durch unnötige Bürokratie binden. Deswegen ist es gut, dass wir die Datenschutzvorschriften, Berichts- und Dokumentationspflichten reduzieren und anpassen. Darüber hinaus war es für mich wichtig, dass wir Regelungen zur Regulierung der Leiharbeit einführen und in allen Bereichen Doppelstrukturen abbauen. Hier habe ich mich dafür eingesetzt, dass wir die Kontrollinstanzen in der Pflege (Medizinischer Dienst und Heimaufsicht) verschränken und gezielt die Doppelstrukturen angehen.“ Zeulner weist auch auf die Notwendigkeit struktureller Reformen in der Pflege hin: „Wir werden auf Basis einer Bund-Länder-Kommission eine große Pflegereform auf den Weg bringen, die die pflegerische Versorgung zukunftsfest macht! Die Kommission soll die ersten Ergebnisse noch in diesem Jahr vorlegen.“
Pflegende Angehörige stärken
Auch für pflegende Angehörige sind Verbesserungen vorgesehen: „Wir wollen pflegende Angehörige so gut es geht bei der Fürsorge unterstützen. Daher werden wir die Einführung eines Familienpflegegeldes prüfen und Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetz zusammenführen – ein wichtiger Punkt, dem aber in der großen Pflegereform noch weitere Maßnahmen für eine spürbare Entlastung und Vereinfachungen folgen müssen, wie zum Beispiel die Caring Community, die sorgende Gemeinschaft und auch die Etablierung von Fachpflege im Sinne einer Gemeindesschwester im Quartier“, betont Zeulner.
Stärkung und Ausbildungsreformen für die Gesundheitsfachberufe
Wichtige Fortschritte gibt es auch bei den Gesundheitsberufen. Die Anerkennung ausländischer Abschlüsse wird vereinfacht, das Praktische Jahr angehender Mediziner vergütet und Fehlzeitenregelungen geregelt. Ein weiterer wichtiger Punkt ist in diesem Bereich die Reform der Gesundheitsfachberufe und der dazugehörigen Ausbildung. „Die Sicherstellung von Qualität und die Schaffung einer klaren Berufsperspektive für Gesundheitsfachkräfte sind entscheidend. Wir werden daher diese Berufe weiter stärken und die Ausbildungen gerade im Bereich der Physio-, Ergo-, und Logopädie reformieren. Damit müssen wir noch in den ersten 100 Tagen beginnen“, so Zeulner. „Auch die Osteopathie als therapeutische Leistung ist ein Schritt in die richtige Richtung, um eine breitere und moderne Gesundheitsversorgung zu ermöglichen.“
Stärkung der Frauengesundheit
„Es freut mich sehr, dass wir wesentliche Themen für die Gesundheitsversorgung von Frauen mit in den Vertrag aufnehmen konnten“, so Zeulner, die hierfür schon in der vergangenen Legislaturperiode als Berichterstatterin gekämpft hatte. „Dass es erstmalig gelungen ist, einen Schwerpunkt auf geschlechtsspezifische Forschung und Versorgung zu setzen, ist ein Meilenstein für betroffenen Frauen und Männer. Denn gerade bei der Versorgung von Patientinnen mit Endometriose und auch während der Wechseljahre haben wir viel aufzuholen und die Verbesserungen sind längst überfällig. Hier setzen wir wichtige Akzente, um die Lebensqualität von betroffenen Frauen zu verbessern.“
Stärkung der Kindergesundheit und der Geburtshilfe mit der Hebammenversorgung
„Es ist wichtig, dass wir Kindern von Anfang an die bestmögliche Gesundheitsversorgung bieten. Der Koalitionsvertrag stell hier die richtigen Weichen, um die gesundheitliche Chancengleichheit für alle Kinder zu gewährleisten. Gerade auch der Beginn des Lebens ist immer etwas Besonderes und deswegen ist es entscheidend, dass wir die Sicherung des flächendeckenden Zugangs in Gynäkologie, Geburtshilfe und Hebammenversorgung im Vertrag festhalten konnten. Auch die Anpassung der Bedarfsplanung für die Kinder- und Jugendpsychotherapie im ländlichen Raum soll den Zugang erleichtern. Ich setze mich auch weiter für einen „Pakt für die Kindergesundheit“ ein, um das Thema umfassend anzugehen.“
Bürokratieabbau im Gesundheitswesen sorgt für Entlastung
Darüber hinaus wird die Bürokratie in allen Bereichen systematisch abgebaut. Datenschutz-, Berichts- und Dokumentationspflichten werden überprüft, Kontrollinstanzen koordiniert, neue Gesetze künftig auf Praxistauglichkeit geprüft. Ein Bürokratieentlastungsgesetz ist vorgesehen – eine langjährige Forderung der Praxis wird damit Realität.
Emmi Zeulner zeigt sich zufrieden: „Viele der nun vereinbarten Punkte tragen die Handschrift unserer Verhandlungsgruppe. Wir haben einen koalitionsübergreifenden Konsens erzielt, der nicht nur die Bedürfnisse der Menschen in den Mittelpunkt stellt, sondern auch die Weichen für eine zukunftsfähige Gesundheitsversorgung stellt. Jetzt geht es darum, diese Weichenstellungen auch mutig umzusetzen.“