MdB Zeulner im Interview mit dem Handelsblatt zur Bilanz der Wohnraumoffensive

Handelsblatt: Welche Bilanz ziehen Sie mit Blick auf:

  • Wohnungsbau: Erreichen Sie das 1,5 Millionen-Ziel beim Wohnungsneubau? und: Braucht es das überhaupt, so viel Neubau? Sie sind ja eine derjenigen, die wiederholt auf das Potenzial ländlicher Gegenden hinweisen.

Zeulner: Das Ziel war sehr ambitioniert. Aber wir sind auf einem guten Weg mit rund 300.000 Wohnungsneubauten im Jahr. Revitalisierung und Neubau sind zwei Grundsätze, die sich nicht ausschließen dürfen. Ja, wir müssen die Ballungszentren abkühlen, deshalb ist die Frage des Wohnraumes ganz eng mit der Entwicklung des ländlichen Raumes verknüpft. Regionen mit demographischen Herausforderungen benötigen aber dringend tiefgreifendere politische Antworten. Beispielsweise speziell angepasste Sonderwirtschaftszonen.

  • Flächensparen: Das für 2020 gesetzte Ziel ist krachend verpasst worden, obwohl es lange vorher gesetzt war. Woran scheitert es, und was wollen Sie tun, um mehr Flächen zu schonen?

Zeulner: Ich bin davon überzeugt, dass Bauen und Flächenverbrauch keinen Platz lassen für ideologische Debatten. Bauen und der sorgsame Umgang mit Flächen dürfen kein Widerspruch sein. Denn Bauen wird zu jeder Zeit nötig sein und gleichzeitig ist der moderate Einstieg in die Flächenkreislaufwirtschaft für meine Generation Aufgabe und Verpflichtung. Auch eine statistische Präzisierung der Flächenversieglung ist geboten. Denn hier werden immer noch mannigfaltig Grünflächen als versiegelte Fläche gelistet. Ein schnelleres Vorankommen beim Flächenschonen wird durch fehlende Anreize und Instrumente verhindert. Eine mögliche Antwort wäre hier die steuerfreie Herausnahme von Flächen im Innenbereich, zum Zwecke der Wohnbebauung, aus dem Betriebsvermögen im Bereich der Landwirtschaft und von Unternehmen.

  • Bezahlbarkeit: Was hat das Erneut-in-die-Pflicht-nehmen der Bundesländer beim Sozialwohnungsbau gebracht?

Zeulner: Die Unterstützung der Länder beim wichtigen Thema des geförderten Wohnungsbaus ist in jedem Fall zielführend, da die Länder uns gegenüber jetzt rechenschaftspflichtig sind. Zudem fordere ich alle Bundesländer auf an zwei Stellschrauben weiterzudrehen, um hier schneller voranzukommen. Zum einen an der Erhöhung der qm-Förderung und zum anderen auch an der Erhöhung der Förderpauschale.

Bayern ist hier vorbildlich und hat die Gelder vom Bund nochmals um 356 Millionen Euro aufgestockt. Damit lässt sich Einiges umsetzten. Es gilt bei allen Maßnahmen immer die regionalen Besonderheiten zu berücksichtigen.

  • Baupreise: Ist der Baupreisanstieg Ihrer Meinung nach ausreichend gedämpft worden? Wer profitiert von den nach wie vor steigenden Preisen?

Zeulner: Nein, die Fortschritte reichen mir persönlich auch noch nicht aus. Bei der sogenannten „Mantelverordnung“ besteht die Gefahr, dass unnötig Kosten für den Abtransport von „noch gutem“ Bodenaushub anfallen. Das gilt es beispielsweise zu verhindern. Von steigenden Baupreisen profitieren vor allem Berater aber zum Glück auch das Klima. Während die Investitionen für das Klima gute Investitionen sind, müssen wir bei anderen Bereichen, wie beispielsweise auch bei den DIN-Normen, abschichten.

  • Baulandmobilisierungsgesetz: Kriegen Sie das noch hin bis zum Herbst?

Zeulner: Das ist eine große Aufgabe. Ich werde meinen Teil zum Gelingen gerne beitragen. Erwarte hier aber noch mehr Bewegung von unserem Koalitionspartner der SPD.

Handelsblatt: Daran anknüpfend: Was steht noch auf Ihrer baupolitischen Agenda bis zum Herbst?

Zeulner: Das wichtigste Thema hier ist, gerade vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie, die Stärkung unserer Innenstädte. Sowohl in Ballungsgebieten also auch im ländlichen Raum. Auch zum Thema „mehr Natur in der Stadt“ bereite ich gerade einen Antrag vor.

Handelsblatt: Und was gehen Sie als erstes an, sollten Sie nach der Wahl noch in Regierungsverantwortung stehen?

Zeulner: Hier gibt es viele Themen die mir ein Anliegen sind: Stärkung der Eigenheimquote, weitere Mobilisierung von Bauland, moderater Einstieg in den Prozess der Flächenkreislaufwirtschaft, Stärkung des geförderten Wohnraumes und die Revitalisierung der Innenstädte und der ländlichen Räume.

Sie sehen also, ein zukünftig eigenes Bauministerium hätte hier viele Aufgaben zu bewältigen.

 

Das Gespräch führte Kristina Pezzei und wurde am 23.02.2021 im Handelsblatt veröffentlicht.

Quelle: Kristina Pezzei/Handelsblatt

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