Von Franz Averdunk, erschienen in „Das Parlament“, August 2020
Die richtige Frau zur richtigen Zeit am richtigen Ort: Ihre Bereitschaft, politisch aktiv zu sein, hatte Emmi Zeulner bereits bewiesen: „Ich war Klassensprecherin, Schülersprecherin, habe mich für die Belange meiner Mitschülerinnen und Mitschüler eingesetzt. Dadurch war es für mich naheliegend, mich nicht nur in der Schule zu engagieren, sondern auch in meiner Heimatstadt Lichtenfels.“ Unverhofft kam hinzu, dass Karl-Theodor zu Guttenberg im oberfränkischen Wahlkreis Kulmbach nach seiner Doktortitel-Affäre und seinem Rücktritt als Verteidigungsminister nicht mehr für den Bundestag kandidierte. Die CSU suchte für die Nachfolge nach einer Person mit möglichst völlig anderem Lebensweg.
Am 22. September 2013 wurde die 26-jährige Emmi Zeulner in den Bundestag gewählt: statt des Barons nun eine mit vier Geschwistern aufgewachsene Wirtstochter aus der „Eisernen Hand“, eine Krankenschwester, die ein Volkswirtschaftsstudium in Bamberg begonnen hatte.
Jüngste und Frau – ihr Alleinstellungsmerkmal im Parlament in Berlin. Indes: „Ich habe mich damals bewusst von vornherein nicht darauf reduzieren lassen“, blickt sie zurück. Ausgezahlt hat sich das allemal: Längst tritt sie – 2017 erneut in den Bundestag gewählt – als gestandene Abgeordnete auf, fungiert als Obfrau ihrer Fraktion im Bauausschuss, sitzt im Gesundheitsausschuss. „Wenn du Dinge durchsetzen willst, geht es um zwei Parameter: Du hast die Macht oder du wirst gebraucht. Wenn ich als junger Mensch neu anfange, habe ich natürlich nicht die Macht, und muss erst deutlich machen, dass ich gebraucht werde.“ Das bedeute eine Herausforderung für den Nachwuchs. „Du musst auch konfrontativ sein, um Themen, die dir wichtig sind, durchzusetzen.“
Sind die Parteien offen genug gegenüber jungen Leuten? „Sie geben sich alle Mühe.“ Es werde durchweg schon versucht, Nachwuchs einzubinden: „Wenn natürlich dann Aussagen wie von FDP-Chef Christian Lindner kommen, Klimaschutz sei etwas für Profis, würde ich mich anstelle der jungen Leute auch vor den Kopf gestoßen fühlen.“ Jedenfalls: „Bei uns in der Jungen Union kann man sich ausprobieren. Und hat dabei nicht nur die Politik, sondern auch die Gemeinschaft im Blick.“ Die Jugendorganisationen in den Parteien hätten sich als erste Anlaufstellen für junge Leute bewährt.
Entscheidend sei, wie die Parteien vor Ort damit umgehen, wenn jemand Verantwortung übernehmen will. „Wenn es beispielsweise um die konkrete Platzierung auf den Stadtratslisten geht: Da wäre schon noch mehr möglich, auch dem politischen Nachwuchs etwas anzubieten.“ Beispielsweise gebe es im Landkreis Lichtenfels eine eigene Liste für junge Leute. Wenn es darum geht, mehr Frauen mehr Verantwortung in der Politik zu ermöglichen, macht sie sich für ein Reißverschlussverfahren bei der Aufstellung von Listen stark.
Bei ihr war viel möglich: Bereits seit 2008 wirkt sie in Stadtrat und Kreistag mit. Bis heute. Ist das nicht ein bisschen viel der Politik? „Im Gegenteil – und so sehen es wohl auch die meisten Menschen vor Ort: Die Kommunalpolitik ist die Ebene, die politische Dinge umsetzen muss.“ Nach ihrer Ansicht sollte jeder Bundestagsabgeordnete auch kommunalpolitisch aktiv sein: „So lernt er, dass es nicht nur reicht, die bundespolitische, also strategische Ebene zu bespielen, sondern dass es ganz entscheidend auf die Umsetzung vor Ort ankommt. Im Umkehrschluss nehme ich auch die kommunalen Anliegen mit nach Berlin, um sie dort voranzubringen.“ Das gelte für viele Beschlüsse: sei es Förderung von Kindertagesstätten oder Ganztagsschulen, Breitband-Ausbau oder Mobilfunk, Naturschutz oder Straßenbau.
Vielleicht hat es ihr bei ihrer Karriere auch geholfen, dass sie mit 19 Jahren in der Region besonders bekannt wurde. Sie fungierte als Lichtenfelser Korbstadtkönigin: „Sie repräsentiert ihre Heimat und das Traditionshandwerk der Korbmacherei.“